33 Jahre im Eis

Die Entdeckung der Andrée-Expedition

Viele Jahre lang war die Nordpolexpedition des verschollenen Ingenieurs Andrée ein unlösbares Rätsel, das viele Gerüchte schürte und höchst mystisch war. Im Jahr 1930 wird den Spekulationen ein Ende gesetzt, als die Besatzung des norwegischen Robbenfängers Bratvaag zufällig auf Kvitøya bei Spitzbergen anlegt. Zu dieser Zeit ist Kvitøya von einer breiten polaren Eisdecke umgeben und normalerweise nicht zu erreichen. In diesem Sommer sind die Temperaturen ungewöhnlich hoch und zwei der Robbenjäger gehen an Land, um nach Wasser zu suchen.

Auf der Insel machen sie eine sensationelle Entdeckung. Sie finden ein gefrorenes Boot voll mit Ausrüstungsgegenständen und einen Bootshaken mit der Aufschrift "Andrées pol.exp 1896". Bei näherer Betrachtung werden die sterblichen Überreste von zwei Expeditionsmitgliedern entdeckt. Der erstaunliche Fund ist der Auftakt zu einem Medienrummel, der zu diesem Zeitpunkt seinesgleichen sucht. Einige norwegische Journalisten, denen es nicht gelingt, die Crew von Bratvaag als erste zu interviewen, untersuchen den Ort auf eigene Faust. Jetzt ist das Eis auf Kvitøya weiter geschmolzen und die dritte Leiche wird in fast unversehrtem Zustand zusammen mit Filmen, Kleidungsstücken, Logbüchern und Karten gefunden. Der Rücktransport der Leichen nach Stockholm löst eine große nationale Trauer aus.

Nun gilt es, das einzigartige Expeditionsmaterial mit äußerster Sorgfalt zu durchforsten. Einige, höchst professionelle Wissenschaftler Norwegens und Schwedens werden mit dieser schwierigen Aufgabe betraut. Eines der Tagebücher war in Stroh eingewickelt, eine damalige Lösung, Dinge möglichst trocken zu halten. Die getrockneten Tagebuchseiten werden sorgfältig mit Ammoniak getrennt, und auf den Seiten erscheint eine packende Geschichte über den Kampf der Männer gegen das Eis. Das Entwickeln der Filme erweist sich als äußerst kompliziert, führt aber schließlich zu verschleierten Fotografien, die zeigen, wie das schwere Boot über das Eis geschleift wird. Zur Ausrüstung gehört auch ein Primus-Kocher mit Kerosinresten im Brenner. Nach der Ankunft in Stockholm wird der Kocher mit neuem Kerosin gefüllt und er kann trotz, dass er 33 Jahre im Eis eingeschlossen war „einen Liter Wasser in 6 Minuten zum Kochen bringen".

Moderne Reflexionen

Ein ambitionierter Abenteurer mit Expeditionserfahrtung bei kalten Temperaturen ist Ola Skinnarmo. Er ist in die Antarktis gesegelt und der erste Schwede, der sowohl den Nord- als auch den Südpol auf Skiern erreicht hat. Im Jahr 2002 wollte er auf den Spuren von Andrée mit dem Kajak um Svalbard herum nach Kvitøya fahren. Nach seinem Besuch am „unwirtlichsten Ort, den man sich vorstellen kann", gehört Ola zu denjenigen, die sagen, dass es nicht verwunderlich war, dass Andrée und seine Begleiter starben, sondern im Gegenteil, dass sie so lange überlebten, wie sie es taten.

Der Großteil der Expeditionsausrüstung von Andrée befinden sich heute im Grenna-Museum außerhalb von Jönköping. Einige der Ausrüstungsgegenstände, darunter der Primus-Kocher, sind mit Sicherheit auch heute noch brauchbar. Trotz all der gut erhaltenen und beeindruckenden Funde ist es der wissenschaftlichen Forschung bisher nicht gelungen, eine Antwort auf die Frage zu finden, was genau mit dem Trio nach dem Ballonabsturz in der Nähe des Nordpols geschah.

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